Im Jahr 1914, mitten im Ersten Weltkrieg, lief der kleine Kreuzer „Cöln“ mit 485 Mann Besatzung aus, um in der Nähe von Helgoland eine Seeschlacht zu schlagen. Doch die „Cöln“ wurde schwer getroffen und sank in den kalten Fluten der Nordsee. Nur ein Mann überlebte: Oberheizer Adolf Neumann. Er wurde auf ein beschädigtes Kutterboot gezogen, in dem er schließlich allein zurückblieb. 76 Stunden trieb er auf hoher See, bis das Boot an der Küste von Norderney strandete. Sein Überlebenskampf machte ihn zum gefeierten „Helden“ der deutschen Marine. Die Überreste seines Rettungsbootes hängen heute in einer der Konchen der Eigelsteintorburg und erzählen noch heute seine tragische Geschichte.
Doch die Eigelsteintorburg ist weit mehr als nur ein Ort des Gedenkens: Schon aus der Ferne erscheint sie als mächtiger Zeitzeuge der mittelalterlichen Stadtgeschichte – und ist vielleicht deshalb einer der wohl am häufigsten touristisch besuchten Orte Kölns. Als eine von vier erhaltenen der früheren zwölf Torburgen Kölns in der acht Kilometer langen Stadtmauer sicherte und repräsentierte die Eigelsteintorburg Köln in Richtung Norden.
Das Tor zu den Eychelsteynen
Ihren Namen hat die Torburg durch die Straße, die unter ihr hindurchführt: der Eigelstein. Diese Straße gibt es bereits seit der Römerzeit und führte außerhalb der Stadt an Friedhöfen vorbei. Diese wiederum verfügten auf den Grabmälern häufig über Pinienzapfen aus Stein – ein Symbol der Unsterblichkeit, woraus die Kölner*innen „Eychelsteyne“ machten, weil sie wie Eicheln aussahen. So wurden aus „Eychelsteynen“ der „Eigelstein“.
Zur Geschichte der Torburg
Erbaut wurde die Eigelsteintorburg zwischen 1228 und 1248 – im Zuge der dritten Stadterweiterung. Das frühere Eigelsteintor, das 1106 bei der zweiten Stadterweiterung etwa 100 Meter weiter südlich gebaut wurde, wurde später durch die neue Stadtmauer ersetzt. Von diesem alten Tor, das vermutlich in der Nähe der Eintrachtstraße bzw. „Unter Krahnenbäumen“ stand, sind keine Überreste erhalten. Als große Torburg verfügt das „aktuelle“ Eigelsteintor auch heute noch über die Anschlüsse der Stadtmauer.
Durch dieses nördliche Tor zog am 12. Oktober 1641 Maria von Medici nach ihrer Vertreibung aus Paris durch Kardinal Richelieu in die Stadt ein. Ebenso wie Kaiser Napoleon am Abend des 13. Septembers 1804, inklusive Joséphine, seiner Gemahlin – unter Kanonendonner und Glockengeläut.
Erst Gefängnis, dann Museum und schließlich Offene Jazz Haus Schule
1882 beseitigte man – wie bei der
Severinstorburg – die angelegte, vorgelagerte Bastion vor der Eigelsteintorburg und begann 1889 mit der Restaurierung. Die Steinfigur in der Spitzbogenblende wurde im Original 1891 anlässlich des Besuchs von
Kaiser Wilhelm II. eingestellt und erinnert als „Kölsche Boor“ an die Schlacht von Worringen aus 1288 und den Einsatz der Bergischen Bauern und der Kölner Bürgerschaft bei der Erringung der reichsstädtischen Freiheit Kölns gegen den Erzbischof Siegfried von Westerburg.
Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts diente die Eigelsteintorburg als Gefängnis für Militärhäftlinge, dann als Museum. Der Zweite Weltkrieg richtete wenig Schaden an, der zerstörte Wehrgang wurde 1957 wiederhergestellt und der ebenso zerstörte Dachausstiegsturm 1975 originalgetreu nachgebaut. Auch den Westturm restaurierte man in den 80er-Jahren. Heute zeigt sich die Torburg als dreigeschossiges Doppelturmtor.
Seit 1990 provisorisch und seit 1995 offiziell hat die Offene Jazz Haus Schule dort ihren Sitz.
Zwölf Torburgen Kölns: Schutz und Repräsentation
Vier der großen Torburgen sind im Heute erhalten – neben der Eigelsteintorburg noch die Severinstorburg, die Hahnentorburg sowie die Ulrepforte am Sachsenring in der Altstadt-Süd. Mit dem Abriss großer Teile der Stadtbefestigung im 19. Jahrhundert wurden die anderen acht der ehemals zwölf Torburgen dem Erdboden gleichgemacht.
Diese großen Stadttore prägten Köln als bedeutende Metropole in Europa, und kontrollierten den Zugang von Ideen, Waren und Kulturen, Handel, Reisenden und Pilgernden – als Schutz, Schwelle und Repräsentation.
Die noch vorhandenen Torburgen liegen mitten im modernen Köln – und sind immer ein historisch interessanter Ausgangspunkt für deine urbane Entdeckertour. Erkunde das mittelalterliche Erbe Kölns – und verbinde damit das Heute, ein lebendiges Treiben der Gegenwart einer großartigen Metropole.