Das Freche, Unverblümte und Direkte der Kölner Mentalität spiegelt sich in Köln nicht nur im Brauhaus wider, sondern auch in den zahlreichen frechen und teils recht irritierenden Skulpturen der Stadt. Der Kallendresser zählt zu ihren berühmtesten und thront hoch oben über dem Alter Markt, Hausnr. 24.
Das Motiv ist alt und stammt aus dem Mittelalter, die Kupferskulptur vergleichsweise jung: 1957 im Auftrag des Kölner Architekten Jupp Engels geschaffen vom Bildhauer Ewald Mataré als Nachfolge-Arbeit eines kleinen historischen Reliefs, das einst am Hause 40 prangte. Dank der Brauchtumspflege von Jupp Engels avancierte der Kallendresser zu einer der skurrilsten Figuren Kölns.
Name und Bedeutung: drei Ansätze
Etymologisch setzt sich der Begriff Kallendresser aus Kall = Dachrinne und Dress oder Driss = für Fäkalien – abgeleitet vom urgermanischen dritz = Notdurft – zusammen, was so viel wie Regenrinnenschisser bedeutet. Während es mit der Bedeutung des Namens keine Zweifel gibt, nimmt sich die Frage nach der Bedeutung der Figur etwas schwieriger aus. Grundsätzlich kursieren in Köln und seiner Brauchtumsforschung drei Erklärungsansätze: Kritik an der Obrigkeit, Symbol für die menschliche Unzulänglichkeit oder Sinnbild der rheinischen Unbeschwertheit.
Um den Kallendresser entstanden mehrere Herkunftslegenden wie die vom Schneider, der seinem Nachbar sehr deutlich zeigte, was er von seinem Tuba-Spiel hielt und ihn mit eindeutiger Geste zur Ruhe bringen wollte. Oder die Legende von der Entstehung des Kallendressers als Reaktion der Kölner Bürger*innen, nachdem ein Abt einen Verfolgten trotz geltender Kloster-Immunität von
Groß St. Martin an die Stadt auslieferte. Oder die eines Dachdeckers, der eben seine Notdurft in der Regenrinne verrichtete, weil er zu faul war, um zum Plumpsklo im Hof die vielen Stiegen runterzulaufen.
Gern wird der Kallendresser aber als generelle Aufmüpfigkeit der Bürger*innen gegen die Obrigkeit gesehen. Er „schei*t“ eben auf alles: den Alter Markt, das Rathaus, Kölner Klüngel, die Obrigkeit und was ihm sonst noch alles „stinkt“.
Der Kallendresser: in bester Gesellschaft …
Figuren mit respektlosen und neckischen Gesten gibt es in Köln mehrere – auch solche, die Betrachtern den entblößten Hintern entgegenstrecken. Dafür musst du nur deinen Weg Richtung
Historisches Rathaus lenken: auch hier findest du unter den 124 Figuren freche oder gar obszöne Motive. Zu nennen ist hier etwa der
Platzjabbeck, der dir zu jeder vollen Stunde die Zunge rausstreckt. Unter Katharina Henot, einem bekannten Opfer der Kölner Hexenverfolgung, findest du eine Figurenkonsole mit nackten Hintern, ebenso unter der Skulptur von Gottfried von Hagen und Konrad von Hochstaden, letztere bekannt als irritierende Autofellatio-Figur.
Eine Figur von Ewald Wilhelm Hubert Mataré und Kräuterschnaps
Der Kallendresser ist einer der etwa 600 plastischen Arbeiten des deutschen Bildhauers, Medailleurs, Grafikers und Malers Ewald Mataré, einem der meistgeschätzten Bildhauer der Nachkriegszeit, zeitweise Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie und Lehrer von Joseph Beuys. Zu seinen berühmtesten Arbeiten in Köln zählen die neuen Bronzetüren für das Südquerhaus des
Kölner Doms. Und wenn du schon einmal auf der Domplatte bist: Schau dir doch auch gleich den Taubenbrunnen von Mataré an.
Dass der Kallendresser anders als andere Figuren im Kölner Stadtgebiet ist, kannst du auch mit anderen Sinnen begreifen lernen: mit dem Kallendresser aus
Hellers Brauhaus, einem Kräuterlikör – laut Hersteller ebenso unvergleichlich.