800 Jahre Baugeschichte – jedoch kein Stück altbacken
Die Turmuhr schlägt – und zu jeder vollen Stunde streckt uns jemand am historischen Kölner Rathaus die Zunge raus: ein wild aussehender Mann mit aufgerissenen Augen, schwarzen Haaren und Schlapphut. Platzjabbeck, so heißt der etwas kuriose Holzkopf am Rathausturm unter der Turmuhr. Und sie ist nicht die einzige Skulptur, die einen hier zum Schmunzeln oder Sinnieren bringt.Über die Skulpturen hinaus ist das historische Rathaus überaus sehenswert, denn aufgrund seiner Bauzeugnisse gilt es als ältestes Rathaus in Deutschland und verdient damit einen Stopp bei deiner Köln-Tour durch die Innenstadt.
Deutschlands ältestes Rathaus
Insgesamt erstreckt sich die Baugeschichte über 800 Jahre. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus den Jahren 1135-1152. Über die Jahrhunderte hinweg kam immer wieder etwas zum Kernbau dazu. Der älteste heute noch erhaltene Teil entstand im Jahr 1330. In den Jahren 1407-1414 kam der Rathausturm dazu, die Renaissancelaube in den Jahren 1569-1573 und der spanische Bau 1660/61. Heute können sich Brautpaare im historischen Ambiente des Turmkellers das Jawort geben. Andere Trauzimmer befinden sich im spanischen Bau des Rathauses.Ratsturm mit 124 Skulpturen
Mit 61 m Höhe und seinen fünf Geschossen war der Ratsturm zur Lagerung von Urkunden, Privilegien und Geldbriefen bestimmt. 130 Steinfiguren schmückten den Turm. Den Witterungseinflüssen der nachfolgenden Jahrhunderte hielten sie allerdings größtenteils leider nicht stand. Dazu kamen die Bombenangriffe im 2. Weltkrieg, die das historische Rathaus und den Ratsturm nahezu vollständig zerstörten. Erhalten blieben nur einige wenige Figuren der Südseite.Beim Wiederaufbau hatte man zuerst auf den ursprünglichen Figurenschmuck verzichtet, dies aber dann 1986 nachgeholt. Heute zeigt der Ratsturm an seiner Fassade 124 Skulpturen: Persönlichkeiten bis zum Ende des Mittelalters, wie Karl der Große, bedeutende Persönlichkeiten der Stadt wie Farina, Wallraf oder Adenauer sowie Schutzpatrone und Heilige wie Ursula, Gereon und Petrus. Alle Skulpturen auf den jeweiligen Geschossen listet dir die Stadt Köln auf.
Glockenspiel: 9 Uhr, 12, 15 und 18 Uhr
Zwischen 9 und 18 Uhr hast du jeden Tag die Möglichkeit, einem Glockenspiel, einem Carillon zu lauschen, das die 48 bronzenen Glocken vom Ratsturm erklingen lassen. Sie wurden nach Zerstörung durch den 2. Weltkrieg 1958 durch die Kölner Handwerkerinnungen als Nachfolger der mittelalterlichen Zünfte gestiftet. Eine Glocke stiftete auch Konrad Adenauer.Insgesamt umfasst das Glockenspiel ein Repertoire von 24 Melodien: Volkslieder, Kölner Klassiker sowie Kompositionen von Offenbach und Stockhausen. Vielleicht hast du auch das Glück, bei einem der jährlichen Konzerte dabei zu sein, wenn Carillonneure, Glockenspieler*innen, aus dem In- und Ausland eingeladen werden.
Der Platzjabbeck: wird frech zu jeder vollen Stunde
Der Platzjabbeck ziert den Ratsturm schon seit dem 15. Jahrhundert. Seine Geste ist unmissverständlich als Beleidigung zu sehen oder zumindest als Ablehnung. Allerdings gilt das natürlich weniger dir, sondern geht wohl historisch auf die Ablehnung der Patrizier durch die Zünfte zurück und deutet damit auf ein neues Selbstbewusstsein des Bürgertums. Der Mechanismus, dass der Platzjabbeck seine Zunge wie ein Uhrwerk zur vollen Stunde rausstreckt, wurde erst 1913 „nachgerüstet“.Pikant, obszön – und ein häufiges Mittelalter-Motiv
Das historische Rathaus hat wegen einer besonderen Steinfigur auch schon Online-Karriere gemacht und die sozialen Medien aufgerüttelt: die Rede ist von der Statuette, die uns ihren blanken Hintern entgegenstreckt und ihr eigenes Geschlechtsteil im Mund hat – ein beliebtes Motiv im Mittelalter gegen vorherrschende Moral- oder Ordnungsvorstellungen, die die Obrigkeit vorgibt.Wenn du die Figur selbst entdecken willst: Sie hängt unter dem Erzbischof Konrad von Hochstaden im ersten Obergeschoss des Ratsturms.
Gut zu wissen
Öffnungszeiten
Ruhetage: Samstag, Sonntag, alle Feiertage geschlossen
Allgemeine Informationen
Parkplätze vorhanden
Bushaltestelle vorhanden
Eignung
Schlechtwetterangebot
für jedes Wetter
für Gruppen
für Schulklassen
für Individualgäste
Zahlungsmöglichkeiten
Eintritt frei
Anreise & Parken
Der Fußweg von der Haltestelle Rathaus (Straßenbahn: 5) zum Historischen Rathaus beträgt circa 2 Minuten.